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Freie MeinungsBILDung?

Die Titelgeschichte des aktuellen Spiegel beschäftigt sich mit der Bild Zeitung und ihrem Einfluss auf Politik und Meinungsbildung in Deutschland. Wenn man auch ab und zu über eine Bild-Schlagzeile schmunzeln mag, so ist das Ausmaß des Einflusses der Zeitung doch sehr beunruhigend, vor allem da sie sich eher am rechtspopulistischen Rand des Meinungsspektrums bewegt. Als auflagenstärkste Zeitung Europas mit bis zu 12 Millionen Lesern dient die Berichterstattung vielen Politikern nicht nur als Barometer für das Stimmungsbild des „kleinen Mannes auf der Straße“. dsc_8530-1

Auch anstehende politische Entscheidungen werden oft mit Blick auf die folgende Berichterstattung des Boulevard-Blattes getroffen. Bei einer so großen Leserschaft sind negative Schlagzeilen nicht zu unterschätzen. Ob die Kanzlerin bei ihren Entscheidungen bezüglich der Griechenland-Krise die Bild berücksichtigte ist natürlich nicht zu überprüfen, doch ist es durchaus möglich, das die wochenlange Darstellung von den Griechen als einem Volk von Faulenzern, das den Deutschen auf der Tasche liegt, seine Spuren hinterlassen hat – vielleicht sogar in der deutschen und europäischen Politik!

Noch gefährlicher ist die Stimmungsmache gegen Migranten in Deutschland, die sich an die Veröffentlichung von Auszügen aus dem Sarrazin-Buch anschloss. Wenn dann Chef-Redakteur Diekmann im Interview so tut, als bewege er sich in den gleichen Gewässern wie andere Zeitungen wenn er am Fließband Grusel-Artikel über Muslime in Deutschland publiziert, so kann das kaum ernst genommen werden.

Zusätzlich zur Macht der Auflage bedient sich die BILD auch anderer Methoden, um sich bei Politikern den nötigen Respekt zu verschaffen. Schließlich besteht ständig die Gefahr, dass schmutzige Details – wahr oder erfunden – aus dem eigenen Privatleben auf der Titelseite landen. Das dabei ständig gegen das Presserecht verstoßen wird gehört scheinbar zur Strategie des Blattes um Auflage zu erzielen und seine Ziele durchzusetzen. Und das diese Vorwürfe nicht an den Haaren herbei gezogen sind wie Diekmann behauptet, zeigen die vielen Gerichtsverfahren, die gegen die Zeitung angestrengt werden, und die durchaus gewonnen werden.

Die Motivation des Ganzen dürfte wohl eine Mischung aus schlichtem Unternehmertum – die Zeitung wird zu 99 Prozent am Kiosk gekauft und muss täglich neu ihre Leser zum Kauf motivieren – und tatsächlicher politischer Überzeugung sein. Das beunruhigende daran ist, dass der Einfluss der Bild-Zeitung weit über den ’normalen‘ Einfluss von Medien als der fünften Macht herausreicht und das Zeitgeschehen kaum nur beobachtet, darstellt, analysiert und kommentiert, wie Diekmann behauptet. Mit Stimmungsmache und üblen Kampagnen wird vielmehr ein unheimlicher Einfluss rechtspopulistischer Art auf die Politik in Deutschland und Europa ausgeübt, der Schaden ist beträchtlich.

Das gleiche gilt für den rücksichtslosen Umgang mit den Menschen, die sie oft gegen ihren Willen ins Rampenlicht zerrt. Gefühle, Schutz der Privatsphäre und journalistische Richtlinien zählen hier nicht, eher Erpressung, wie im Fall Ottfried Fischer, der treffend formulierte: „Pressefreiheit ist keine Erpresserfreiheit.“ Wenn die Bild Zeitung behauptet eine seriöse Zeitung zu sein, so kann man trotz ihrer Verdienste im Bereich des politischen Enthüllungsjournalismus nur antworten, dass mit Seriosität auch immer Verantwortungsgefühl und eine Vorbildfunktion einher gehen sollte, von beidem ist die Zeitung weit entfernt! Hilfreicher dürfte es in jedem Fall sein, wenn die Zeitung ihren Einfluss als Verantwortung verstünde vernünftig zu informieren, anstatt Ressentiments zu schüren und üble Stimmung zu machen. Verkaufen lassen würde sich das bestimmt auch.

Glücklicherweise gibt es im Zeitalter des Web 2.0 Einrichtungen wie das Bild-Blog, das der Bildzeitung täglich auf die Finger schaut und falsche Berichterstattung öffentlich dokumentiert. Auch sehr interessant zu lesen ist der Beitrag der Wir sind Helden-Sängerin Ju­dith Ho­lo­fer­nes, die auf der Bandwebsite die Anfrage der Zeitung zu einer Möglichen Werbekooperation nebst ihrer gesalzenen Antwort veröffentlicht hat. (Stand Juli 2011: der Artikel wird weiterhin heftig diskutiert und hat schon 564 Kommentare.)

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