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Machtkampf im Iran

Im Iran ist schon seit längerem ein Machtkampf zwischen den Lagern des geistlichen Oberhaupts Ajatollah Chamenei und des Präsidenten Ahmadinedschad im Gange. Zwar ist es meistens Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der im Rampenlicht der Weltpresse steht, wenn es um die Entwicklungen im Iran geht, doch in Wahrheit ist das Land eine Theokratie, an deren Spitze der oberste Religionsführer steht, der mit nahezu absoluter Macht ausgestattet ist. Er spricht mit göttlicher Autorität, niemand widersprechen darf ihm widersprechen. Er ist der Oberbefehlshaber der Armee und der übrigen Ordnungskräfte, setzt die obersten Richter ein, hat die Macht das Parlament aufzulösen, ernennt Imame und bestimmt die Mitglieder des Wächterrats, der erheblichen Einfluss auf die Politik und die Wahl des Präsidenten ausübt.

Ahmadinedschads Vorgänger Mohammed Chatami versuchte dieses autokratische System von innen zu reformieren und in kleinen Schritten demokratische Elemente einzubringen. Doch diese Reformprozesse gingen den Religionsführern zu weit, sodass sie 2005 Mahmud Ahmadinedschad als Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen unterstützten. Dieser regierte seither mit einer Kombination aus Populismus und politischen Versprechen, sowie der Verbote von liberalen Strömungen und der Verhaftung von Reformern, Intellektuellen und Feministinnen.

Bei der Wahl 2009 wurde Hossein Mussawi vermutlich mit der Mehrheit der Stimmen zum Präsidenten gewählt, doch die Regierung und auch der Religionsführer erklärten Ahmadinedschad zum Sieger, was zu den größten Protesten seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 und zur Geburt der ‚grünen Bewegung‘ führte. Bei der brutalen Niederschlagung der Demonstrationen zeigte sich das Regime in all seiner Perversion: Menschen wurden getötet und verprügelt, verhaftet und gefoltert. Seither versucht die Regierung mit den gleichen Praktiken jedes neue Aufkeimen der Bewegung zu ersticken. Und in diesem Jahr erklärte die Regierung die Revolutionen in den arabischen Ländern seien von der islamischen Revolution im Iran inspiriert, während sie gleichzeitig mit aller Härte versuchte Solidaritätsbekundungen im eigenen Land zu unterbinden.

Gleichzeitig zu diesem Kampf gegen liberale und reformerische Kräfte im Land versucht Präsident Ahmadinedschad seine Macht gegenüber der geistlichen Führungsriege um Ajatollah Chamenei zu vergrößern. Ständig spricht er von der anstehenden Wiederkehr des „verborgenen Imam“ als Messias, wobei er sich selbst als dessen Begleiter bezeichnet. Mit skurrilen Filmen und Beschreibungen beansprucht er auf diese Weise selbst die göttliche Deutungsmacht, die gegenwärtig und verfassungsgemäß beim geistlichen Oberhaupt des Landes liegt. Da er so die Theokratie und Ajatollah Chamenei praktisch aushebelt provoziert er die religiösen Führer des Landes.

Nun bekriegen sich Präsident Ahmadinedschad und Chamenei mehr oder weniger in aller Öffentlichkeit. Ahmadinedschad zieht zunehmend die religiöse Autorität der Ajatollahs in Zweifel und versucht das Volk gegen sie auszuspielen, indem die Geistlichkeit als altmodisch beschrieben wird und propagiert statt dessen den iranischen Islam gleich selbst. Diese geben jedoch nicht klein bei, sondern lassen es zu Machtproben kommen, verhaften Mitglieder der Regierung wegen Hexerei. Als Ahmadinedschad sich selbst zum Ölminister ernannt hatte, musste er am Ende wieder klein beigeben und den Posten räumen, weil er sonst strafrechtlich verfolgt worden wäre – die Justiz untersteht der geistigen Führung.

Ob am Ende aus diesem Machtkampf eine Seite als Sieger hervorgehen wird ist mehr als fraglich. Eher zeigen die bizarren Züge und die Tatsache, dass die Kämpfe inzwischen unverhohlen in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, wie weit das Misstrauen reicht und welch hasserfülltes Klima in den Machtzentralen des Iran herrscht. Die Bevölkerung erträgt das Theater, weil jede Form von Widerstand brutal niedergeschlagen wird. Doch vielleicht hilft der Kampf zwischen Chamenei und Ahmadinedschad am Ende dem Dritten: den Menschen des Iran – weil irgendwann jeder vestanden haben wird, dass es mit dem gegenwärtigen Machtapparat nicht weiter gehen kann, und sich hoffentlich ein Weg finden wird die aktuellen Machthaber zu stürzen, möglichst ohne Blutvergießen. Doch wird die Bevölkerung bis dahin wohl noch viel über sich ergehen lassen müssen.

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