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Wir sind Europa

Der Soziologe Ulrich Beck hat gemeinsam mit Daniel Cohn-Benit ein Manifest zur Neubegründung Europas von Unten verfasst, in dem er seine Vision eines freiwilligen Europäischen Jahres für alle beschreibt, und das er jetzt in der italienischen Zeitung La Repubblica ausführlich dargestellt hat. Erstunterzeichner des Manifests sind unter vielen anderen Jürgen Habermas, Zygmunt Baumann, Jaques Delors, Joschka Fischer und Imre Kertész. Mit dem Freiwilligendienst sollen nicht nur Studierende, Arbeitskräfte oder Praktikanten die Möglichkeit zum Austausch haben, wie es schon heute im Rahmen der Erasmus- und Da Vinci Austauschprogramme und mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU geregelt ist.

Der Dienst, den Beck vorschlägt, soll für alle gelten: für Pensionäre, Menschen mit Arbeit, Arbeitslose, Lehrlinge, Künstler. So ist seiner Meinung nach der Kern der Krise Europas nicht bei den Banken, den Griechen oder der Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten zu suchen, sondern im Mangel einer wirklichen europäischen Zivilgesellschaft ‚von unten‘. Beck erhofft sich durch ein Austauschprogramm für ganz normale Bürger der EU, dass diese lernen sich jeweils besser in die jeweils Anderen hinein zu versetzen: in deren Ängste, Hoffnungen und Enttäuschungen, um so in einen konstruktiven Dialog über Länder- und Kulturgrenzen hinweg zu treten. Es soll eine ‚dialogische Integration‘, ein ‚kosmopolitischer Blick‘ als forma mentis einer europäischen Zivilgesellschaft entstehen.

Zu visionär? Erasmus als Vorbild

Beck setzt mit seiner Idee eines Austauschprogramms konsequent seine Theorie des Kosmopolitismus, die er in seinem Buch Das kosmopolitische Europa
ausgearbeitet hat, in die Praxis um. Einem nationalen Blick in Politik, Medien und Gesellschaft, der von der Realität in der globalisierten und kulturell immer weniger abgegrenzten Welt schon längst überholt wurde, setzt er sein Konzept des Kosmopolitismus entgegen, das den Standpunkt des Anderen immer mit berücksichtigt und den eigenen Blick relativiert. Eben diese Bewegung vom national geprägten zum kosmopolitischen Europa will er mit dem Austauschprogramm fördern.

Schaut man sich das Erasmus-Programm zum Austausch von Studenten an, so zeigt sich, dass die Idee viel Potenzial enthält. Erasmus trägt schließlich ganz außerordentlich zur Integration der europäischen Gesellschaft bei, zumal der künftigen. Für heutige Studenten ist es ganz normal, dass sie während ihres Studiums ein bis zwei Semester ins europäische Ausland gehen, um dort die Universität zu besuchen, die Sprache des anderen Landes zu lernen und seine Kultur und Menschen kennen zu lernen.

Oft entstehen so lange Bindungen oder ein dauerhafter Ortswechsel nach Beendigung des Studiums. Insofern ist Becks Idee als nachhaltige Antwort auf die gegenwärtige europäische Krise und den Bruch zwischen Norden und Süden weitaus besser geeignet ein Europa der Bürger zu schaffen, als die meisten politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise.

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