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Napolitano mahnt Italien zur Vernunft

Giorgio Napolitano |  Presidency of the Italian Republic – Wikimedia Commons

Giorgio Napolitano | Staatspräsident der Republik Italien – Wikimedia Commons

Giorgio Napolitano, 88-jähriger Staatspräsident und Stimme der Vernunft in Italien, meldete sich gestern mit einem langen Artikel in der Zeitung ‚La Repubblica‘ zu Wort. Darin mahnte er alle Beteiligten zur Besonnenheit angesichts der hitzigen Debatte um das Gerichtsurteil gegen den ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi. Zum einen verfügt dieser noch über enorme politische Macht, und zum anderen hatten Anhänger Berlusconis, darunter auch Regierungsmitglieder, in den letzten Tagen mit markigen Worten Napolitano mit einem Sturz der Regierung gedroht, sollte dieser keine Amnestie für Berlusconi aussprechen. Berlusconi war vergangene Woche im Prozess um Steuerbetrug in letzter Instanz rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden, die jedoch sofort auf ein Jahr verkürzt wurden.

Die Drohung seiner Anhänger ist nicht leer, schließlich besitzt die an der Regierung beteiligte Berlusconi-Partei die Macht diese zu stürzen und Neuwahlen zu erzwingen. Das genau möchte Napolitano jedoch verhindern. Er betont daher im seinem Beitrag die wichtige Arbeit der aktuellen Regierung Letta, die Stabilität bringe und einen wichtigen Weg eingeschlagen habe, um das Land aus der Krise zu führen und die Wirtschaft zu stärken. Als wichtigstes Projekt nennt er dabei die Reform des Wahlrechts in Italien. Um diese Regierung zu stabilisieren und eine Staatskrise nach nur gut 100 Tagen zu vermeiden, habe er Politikern der beiden führenden Parteien das Versprechen der Unterstützung der Regierung Letta abgerungen.

Napolitano mahnt zur Vernunft und will die hitzige Polemik unterbinden, die zuletzt in Form von Drohungen und Verleumdungen den politischen Diskurs verhärtete. Der Präsident bemüht sich um einen Ausgleich, will alle Seiten beruhigen, um eine Eskalation nach dem Berlusconi-Urteil abzuwenden. So spricht er sich zwar für Meinungsfreiheit aus, verurteilt jedoch jede Polemik gegen die unabhängige Justiz und das demokratische System Italiens, die nicht in Frage zu stellen seien. Er möchte den Blick wieder auf Lösungen für das Land richten und einen „normalen Ablauf der demokratischen Dialektik und des politischen Wettbewerbs in naher Zukunft gewährleisten.“

Im weiteren Verlauf des Artikels erörtert Napolitano die Bedingungen einer eventuellen Begnadigung und beschreibt ausführlich seine eigen Eingebundenheit als Präsident in das demokratische und Justizsystem des Landes. So möchte er wohl all denen den Wind aus den Segeln nehmen, die von ihm eine Rettung Berlusconis vor der Justiz erwarten. Napolitano betont jedoch, dass auch er sich als Präsident nicht über das Recht stellen kann.

Giorgio Napolitano präsentiert sich so erneut als Institution der Vernunft und Stabilität im sonst oft so turbulenten und chaotischen politischen Italien. Sollte es ihm gelingen trotz dem Berlusconi-Urteil eine Weiterarbeit der Regierung Letta zu erreichen, so wäre das eine große Leistung – vielleicht sein Vermächtnis als Staatspräsident. Trotzdem wird ein solcher politischer Burgfriede wohl seinen Preis haben. Zwar hat Napolitano, nachdem er eine Amnestie umgehend ablehnte, den Trumpf einer eventuellen Begnadigung Berlusconis in der Hand, und wird ihm wohl Bedingungen diktieren können, sollte er ihn tatsächlich begnadigen. Berlusconi verfügt jedoch immer noch über immense politische Macht und könnte die aktuelle Regierung zu Fall bringen und Italien in eine weitere Krise mit unabsehbaren Folgen stürzen, sollte er nicht einige Zugeständnisse bekommen. Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, wie das politische Italien den nächsten Schritt auf einem Weg in die Ära nach Silvio Berlusconi beschreiten wird – zu Ende ist sie noch immer nicht.

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