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Immer mehr Kritik an Deutschland

Um die Verfechter einer einseitigen Sparpolitik für Europa wird es immer einsamer, ihre Kritiker bekommen immer mehr Gehör. Während die deutsche Regierung und die Bundesbank weiter an ihren Forderungen festhalten, Krisenländer in der Euro-Zone sollten durch striktes Sparen ihre Defizite abbauen, um so das Vertrauen der Finanzmärkte wieder zu gewinnen, sind in den letzten Tagen weitere gewichtige Kritiker dieser Politik zu Wort gekommen. Bereits in der letzten Woche hatten der Präsident der EU-Kommision Barroso, der Präsident des Europäischen Rates van Rompuy und EU-Währungskommissar Rehn ihre Positionen zur Sparpolitik aufgeweicht und einen Focus auf mehr Wachstum für Europa eingefordert.

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Eine Währung – viele Meinungen

In der heutigen Süddeutschen ist ein Interview mit EU-Sozialkommissar Andor abgedruckt, der dieselbe Position vertritt was die Wirtschaftspolitik für den Euro-Raum betrifft. Andor, Professor für Wirtschaftswissenschaften, diagnostiziert, dass das Vertrauen in die Krisenländer trotz Sparpolitik eben nicht zurückgekehrt sei, auch wegen der Spekulationen um einen möglichen Ausschluss aus dem Euro-Raum für Länder wie Griechenland. Statt einer Politik der einzelnen Schritte, bei der es nur um „Spar-Schlagzeilen“ gehe, fordert er eine Wachstumspolitik in Form von zusätzlichen Investitionen und Nachfrage, damit Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Um das zu erreichen sollten Länder wie Spanien, Italien und Frankreich mehr Zeit bekommen, um ihre Schulden abzubauen, um nicht durch zu viel Sparen die Wirtschaft abzuwürgen. Außerdem fordert er von Überschussländern wie Deutschland eine Stärkung der Binnennachfrage etwa durch Einführung von Mindestlöhnen, damit der Währungsraum nicht noch weiter auseinander driftet. All dies, so die Süddeutsche, „Mahnungen an die Bundesregierung“.

Auch war in den vergangenen Tagen der Inhalt eines Papiers der französischen Sozialisten durch die Medien gegangen, worin Kanzlerin Merkel und die deutsche Haltung stark kritisiert wurden. Frankreich, das selbst mit hohen Schuldenraten und schlechten Wachstumszahlen zu kämpfen hat, wehrt sich dagegen, durch übermäßiges Sparen die eigene Wirtschaft noch weiter abzuwürgen und polemisiert daher auch verstärkt gegen Deutschland. Die Bundesregierung hält sich dagegen mit Maßregelungen zurück, schließlich wäre jede Eskalation des Streites, und ein Entflammen der Euro-Krise im Kern des Kontinents mitten auf der deutsch-französischen Achse, fatal.

In der Nähe von Brüssel hielt Jürgen Habermas eine beeindruckende und lange Rede zum selben Thema. Er warnte die Deutschen vor zu viel Kurzsichtigkeit, die Europa am Ende zerstören könnte. Er verglich die Situation mit der des deutschen Reiches von 1871, das sich dazu verleiten ließ in Europa einen halbhegemonialen Status einzunehmen. Statt dessen läge es jedoch im deutschen Interesse eben diesen Status zu vermeiden und statt dessen politischen Einfluss solidarisch zu teilen. Daher solle die Wirtschafts- und Währungsunion zu einer politischen Union ausgebaut werden, um eine positive Entwicklung für Europa zu gewährleisten.

In einem Gastbeitrag in für sueddeutsche.de rufen zwei alte Herren der SPD, Erhard Eppler und Hans-Jochen Vogel, die Bundesregierung dazu auf, dem Vorschlag der irischen Ratspräsidentschaft zur Bereitstellung von 6 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der EU zuzustimmen.

Schließlich will auch die neue italienische Regierung den verordneten Sparkurs nicht weiter in der aktuellen Form mittragen, sondern sich auf mehr Wachstum konzentrieren, damit die eigene Wirtschaft wieder wächst.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung scheint jedoch weiter unbeeindruckt angesichts wachsender Kritik und beharrt auf ihren Forderungen gegenüber schlechter gestellten Ländern. Wahrscheinlich fürchten beide Regierungsparteien auch um die Wiederwahl im Herbst, allerdings wird die Debatte oft eher moralisch, als wirtschaftslogisch bestimmt. Doch es ist zu kurzsichtig gedacht, wenn man die Krise durch bloßes Einhalten von Sparzielen lösen will. Verstärkte Migration von Süden nach Norden, hohe Jugendarbeitslosigkeit, das Erstarken extremer Parteien und die Erosion des politischen Zusammenhalts in der EU, und der wachsende Gegenwind sollten eigentlich genügen, um die eigene Position zumindest teilweise zu überdenken und alternative Szenarien zu entwerfen. Ein Aufweichen der Sparziele und ein differenziertes Investitionsprogramm, das sinnvolle Reformen begleitet, wäre ja nicht gleich ein Blankoscheck zum Geldausgeben, auch wenn viele das so zu sehen scheinen. Doch eine andere Politik bleibt von deutscher Seite vorerst nicht in Sicht und wahrscheinlich wird sich am Status Quo bis September kaum etwas ändern.

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